Trends am Aktienmarkt: Wie senke ich das Risiko für Aktienblasen im Depot?

Auch die Börse folgt immer mal wieder Trends und Modewellen. In solchen Phasen mischt sich in das vernünftige Anlegerverhalten oft eine weltweite Goldgräberstimmung, da die Perspektiven für bestimmte Branchen oder Aktien „zu schön um wahr zu sein“ erscheinen. Die Anleger lassen sich dabei dazu verleitet, ein hohes Risiko einzugehen, da die Aussichten auf hohe Renditen jeden zu Träumen beginnen lassen. Es wird vernachlässigt, die Unternehmen, die Umsätze und die tatsächlichen Gewinne vor der Investition zu überprüfen. Aufgrund der allgemeinen guten Stimmung und der Meinung „wenn es alle machen kann es nicht falsch sein“ oder durch Gruppenzwang wird investiert. Im schlimmsten Fall werden für die Investition vorher noch Kredite aufgenommen.

Leider geht es an der Börse nicht immer nur nach oben. Nach einem Börsen-Boom folgt oftmals der Absturz, wenn sich herausstellt, dass es sich nur um eine Modeerscheinung gehandelt hat. In einem solchen Fall spricht man auch von einer „Aktienblase“ (Börsenblase).

In diesem Artikel beschäftige ich mich damit, wie es zu diesem Phänomen kommt, welche zwei großen Beispiele es aus der jüngeren Vergangenheit gibt und bei welcher Aktienblase ich selbst dabei war. Zum Schluss gebe ich euch ein paar Tipps, wie ihr das Risiko verringern könnt, bei einer platzenden Blase dabei zu sein.

Wie kommt es zu einer Aktienblase? Was ist der Auslöser?

Ein Trend am Aktienmarkt entsteht, wenn eine Branche in den Vordergrund tritt, die aufgrund von irgendwelchen Fantasien plötzlich als der Gewinner der Zukunft dargestellt wird. Alle reden davon, alle stürzen sich darauf, alle kaufen und alle schauen pausenlos auf das neue Wunder. „Diesmal ist alles anders! Die alten Regeln gelten nicht mehr!“ heißt es von allen Seiten. Das Massenverhalten gibt der Aussage erstmal Recht: die allgemeine Euphorie treibt die Kurse unglaublich schnell nach oben, völlig unabhängig davon, ob dieser Stimmungslage auch tatsächlich ein entsprechendes Wachstum in dieser Branche folgt oder nicht.

Das Wachstum kommt dann natürlich in dieser extremen Form nicht und irgendwann berichtet dann irgendwer darüber. Andere Nachrichtensender greifen das auf. Dann kommt der erste Experte (in der Regel einer derer, die zuvor genauso euphorisch das neue Weltzeitalter angepriesen haben) und äußert erstmals Bedenken „dass da etwas nicht stimmt“. Er rechnet vor, dass einer der Highflyer aufgrund seiner aktuellen Marktbewertung über den gesamten Zeitraum der nächsten 12-15 Jahre zuverlässig jedes Jahr 60% Gewinnsteigerung haben müsste, damit der Wert des Unternehmens überhaupt jemals wieder zum vorausgeeilten Wert aus der Summe aller Aktien passt. Das ist der Tag, an dem die großen Investoren aus dem Markt aussteigen. Am Abend kommt in den Nachrichten, dass der Kurs „überraschend“ um über 10% nachgegeben hat. Am Folgetag passiert das wieder. Dies löst eine Panik aus. Jeder will verkaufen und aus dem Markt aussteigen. Die Aktienkurse gehen dann extrem schnell und extrem kräftig auf oder meist sogar deutlich unter den realen Wert der Firma zurück. Die Blase ist dann „geplatzt“.

Zwei Beispiele für Modeerscheinungen am Aktienmarkt

Jedem, der sich mit dem Thema Aktien schon etwas länger beschäftigt, werden die folgenden beiden Beispiele schon ab und zu in Berichten begegnet sein:

Die Dotcom-Blase „.COM“

Sehr eindrucksvoll siehst du den Verlauf solcher Modewellen am Internet-Boom Ende der 90er Jahre bis Anfang 2001, hier dargestellt an dem Netzwerke-Ausrüster „Cisco Systems“ (WKN: 878841), dem Marktführer für Internet-Hardware wie beispielsweise große Server:

Kursverlauf der Aktie von „Cisco Systems" (WKN: 878841) von 1996 bis 2016. Der Verlauf ist ein gutes Beispiel für den Aufstieg und Fall eines ".COM"-Unternehmens aufgrund viel zu euphorischer Zukunftsvisionen. (Quelle: Yahoo Finance, in Rot: eigene Erläuterungen)

Kursverlauf der Aktie von „Cisco Systems“ (WKN: 878841) von 1996 bis 2016. Der Verlauf ist ein gutes Beispiel für den Aufstieg und Fall eines „.COM“-Unternehmens aufgrund viel zu euphorischer Zukunftsvisionen. (Quelle: Yahoo Finance, in Rot: eigene Erläuterungen)

Alle wollten glauben, dass die bisherigen Gesetze der Wirtschaft nicht mehr gelten. Das Internet würde alles ablösen. Läden? Braucht niemand mehr, man kann ja alles online bestellen. Und so wurden dem Online-Geschäft Wachstumsraten zugesprochen in ungekanntem Ausmaß. Das war die Zeit, als alberne Firmen mit nichts anderem als einer netten Idee, aber Null Kapital und meist auch Null Ahnung von Wirtschaft, über Nacht an der Börse mehrere hundert Millionen Dollar wert waren. Allein nur, weil es hieß „wir verkaufen online“.

Die Telekom-Blase

Das selbe gilt für den bis Anfang 2000 hochgejubelten Telekommunikationsmarkt, von dem der Telekom AG (WKN: 555750) heute noch unterstellt wird, sie wäre an allem schuld. Dabei ist dieser Markt nur einfach niemals das Wert gewesen, was alle in ihn hineininterpretiert haben:

Entwicklung der Telekom Aktie von 1996 bis 2008 (Quelle: Süddeutsche Zeitung)

Entwicklung der Telekom Aktie von 1996 bis 2008 (Quelle: Süddeutsche Zeitung)

Alle glaubten, dass mit dem Aufkommen des mobilen Telefonierens die Gesetze des Wirtschaftens nicht mehr gelten und „diesmal alles anders ist“. Eine völlig neue Wirtschaftsordnung würde hier gelten, glaubte man. Immerhin kostete eine Minute Mobil telefonieren damals umgerechnet bis zu 1 Euro, wohingegen das Festnetzgeschäft einen extremen Preisverfall hatte. Dann noch der zunehmende Internet-Datenverkehr – das musste doch einfach eine Goldgrube sein.

Niemand hat darüber nachgedacht, ob der Preisverfall beim Festnetz nicht auch mal bei den Mobilfunktarifen kommen wird. Alle sind davon ausgegangen, dass wir uns ständig gegenseitig mobil anrufen, für 1 Euro die Minute, bis in alle Ewigkeit.

Was lernst du daraus?

Leider ist die Telekom das Vorzeigebeispiel und einer der wichtigsten Gründe, warum in Deutschland fast alle Menschen glauben, dass der Aktienmarkt eine hochriskante Sache ist, an der du „dein ganzes Geld verlieren kannst.“ Natürlich stimmt es, dass Anleger, die im Jahr 1999 bis 2000 Telekom gekauft haben, diese Kurse niemals wiedersehen werden und somit unwiederbringlich auf unglaublich hohen Verlusten von bis zu 91% ihrer Investition sitzen.

Doch: ist das die Schuld der Telekom? Oder des bösen Aktienmarktes? Es ist in Wahrheit eher so, dass hier viele Menschen eine Aktie gekauft haben, weil alle TV-Sender davon schwärmten, weil sogar die Bild-Zeitung darüber berichtet hat und weil ein sympathischer und bekannter Glatzkopf so schöne Werbung dafür machte. Viele davon hatten noch nie zuvor Aktien. Von dem Geschäft einer Telekommunikationsfirma hat da niemand etwas verstanden. Eine eigene Meinung zu den Zukunftsaussichten eines solchen Unternehmens hatte daher auch keiner. Es hat sich auch niemand die Mühe gemacht, mal nachzuschauen. Wie eine Aktie funktioniert, das hat auch die wenigsten (Erst-)Anleger interessiert. Aber gekauft haben sie. Und oft auch genau diese eine Aktie. (siehe auch „Regel 7: Risikostreuung„).


Ich möchte nun nicht den Eindruck erwecken, als wäre ich schlauer als alle anderen. Es wäre einfach, aus der heutigen Sicht diese Sichtweise einzunehmen. Es wäre leicht, so zu tun, als hätte ich das gewusst, aber alle anderen nicht. Das ist natürlich nicht so: ich habe zwar keine Telekom gekauft, aber ich besitze Aktien von „Cisco Systems“ schon seit 1998…

Meine persönliche .COM Erfahrung mit der Aktie von „Cisco Systems“

Ich habe mich 1998 dafür entschieden in „Cisco Systems“ (WKN: 878841) zu investieren, da die Perspektive des Unternehmens aus meiner Sicht eine Investition rechtfertigte. Im August 2000 hätte ich allein von dieser Aktienposition eine kleine 2-Zimmer-Wohnung bar bezahlen können. Auch ich habe täglich ungläubig auf den Kurs geschaut und mir überlegt, wie viel Jahre früher man wohl in den Ruhestand gehen kann, wenn das so weitergeht. Sehr naiv, ganz ehrlich.

Ich habe natürlich nicht rechtzeitig verkauft. Ich habe das Auf und Ab voll mitgemacht, lag über 10 Jahre lang mit CISCO und ein paar anderen Werten satt im Minus. Geh mal oben in dem Chart an der 20 Euro Linie entlang: Meinen Kaufkurs von 18,49 Euro habe ich erstmalig in 2004 wieder gesehen. Dann wieder 2006, 2009 und 2013. Die Aktie lief mit einigem hin-und-her praktisch 12 Jahre lang seitwärts, ohne jegliche Entwicklung. Verzinsung unterm Strich: Null% in 12 Jahren.

Aber: Das Internet war damals noch klein. Das Wachstum, das alle gesehen haben, das gab/gibt es wirklich. Nur nicht in diesem irrwitzigen Tempo. Daher konnte man das Jammertal nach der Euphorie abwartend durchstehen. Leicht war das aber nicht! Ich habe aufgrund der guten Aussichten bezüglich der steigenden Internet-Nutzung in dieser Situation auch noch ständig nachgekauft. Aktuell liegt „meine Cisco“ rund 35% im Plus:

CiscoStand2016

Gerechnet auf meinen Investitionszeitpunkt von 1998 bis heute ist das nicht allzu viel in 18 Jahren. Im Gegensatz zu einem Telekom-Aktionär kann ich wenigstens sagen „mit blauem Auge davon gekommen“.

Wie kann ich das Risiko einer Aktienblase in meinem Depot verringern?

Aufgrund dieser Erfahrung kann ich dir daher folgenden Rat geben:

  • Gehe niemals mit dem Mainstream. Man kauft keine Aktie, nur weil alle das tun.
  • Vertraue nicht den Börsensendungen und ihren „Experten“. Sie leben von der Einschaltquote, nicht vom Aktienerfolg.
  • Höre nicht auf deinen Bankberater. Er wird dir auch immer das empfehlen, was zuletzt bombig gelaufen ist. Wenn der wirklich mehr wüsste als du: warum arbeitet er dann noch in dieser Bank und sitzt nicht längst mit einem Erdbeer-Daiquiri irgendwo am Strand?
  • Sammle in deinem Depot niemals mehrere Aktien aus ein- und demselben Börsensegment an, nur weil es grade gut läuft. (Risikostreuung)
  • Wenn eine deiner Aktie in kürzester Zeit extrem angewachsen ist, stell dir die Frage, ob es wirklich realistisch ist, dass das Unternehmen dieser Wertentwicklung folgen kann: Glaubst du daran, dass das Unternehmen innerhalb von 2 Jahren 300% mehr Umsatz und Gewinn machen wird, so dass es die Kursexplosion nachvollziehen wird?
  • Wenn die BILD Zeitung auf der Titelseite vom Aktienmarkt berichtet: steige aus dem Segment sofort aus. Wenn du an den Markt grundsätzlich glaubst: bleib investiert, aber bereite dich darauf vor, dass es biblisch wird: „Es wird eine lange Dürre kommen“.

Der entscheidende Faktor, um mit Aktien erfolgreich zu sein ist die richtige Aktienauswahl. Im Laufe der Jahre habe ich mir selbst Regeln gemacht, die ich vor jedem Kauf einer Aktie anwende. Wird eine Regel durch die Aktie nicht erfüllt, kaufe ich diese nicht. Seitdem ich meine Regeln konsequent anwende, bin ich deutlich erfolgreicher an der Börse unterwegs. Meine Regeln verringern auch das Risiko, auf eine Blase hereinzufallen. Auf solche Aktien trifft „Regel 5: Beständigkeit“ seltener zu und „Regel 7: Risikostreuung“ verhindert, dass man sich zu sehr auf einen Bereich konzentriert. (siehe Meine Regeln zur Aktienauswahl – Worauf sollte ich bei der Auswahl von Aktien achten?)

Mein Fazit

Trends an der Börse sind normale Phänomene. Meistens herrscht ständig ein Trend, sie geben sich praktisch nahtlos die Klinke in die Hand. Wenn du gute Unternehmen aus dieser Branche in deinem Depot hast, tue einfach gar nichts. In diesem Fall kannst du die Welle aussitzen. Oder du verkaufst bei einem guten Plus (das allein ist schon schwer genug).

Ich rate jedoch dringend davon ab, in so eine Welle hineinzuspringen (also in derart explodierende Kurse hinein Aktien zu kaufen) und zu denken, man habe es drauf, diese Welle zu surfen und dabei einen guten Schnitt zu machen. Schaue auf die Charts oben und denke kurz an einen CISCO-Aktionär, der im Januar 2000 wegen der super Wachstumsraten noch schnell zu 60 Dollar und mehr eingestiegen ist. Das ist fast 20 Jahre her und es sind dort heute immer noch über 50% Minus vorhanden.